Facharbeit - 2.1. Klug, anpassungsfähig, zum Tod verurteil

2.1.       Klug, anpassungsfähig, zum Tod verurteilt

 

 

Grau bzw. schwarz mit einem Körpergewicht von etwa 40 Kg, streift er durch die Waldgebiete Nordamerikas. „Timberwolf“ nennt man ihn dort. Es gibt aber auch den Mackenzie-Waldwolf oder den Great Plains Wolf, den Alaska-Tundrawolf, der sich nur von Büffeln ernährt. Jeder von ihnen sieht ein wenig anders aus. Die Wölfe Kanadas, Alaskas und der GUS sind die größten. Bis zu 80 Kg können sie auf die Waage bringen. Die Wölfe Kanadas, Alaskas und der nördlichen USA tragen ein graubraunes oder schwarzes Fell.

Weiß und an die 45 Kg schwer, kurzschnauzig und kurzbeinig, springt er in der arktischen Einsamkeit von Eisscholle zu Eisscholle, der arktische Wolf.

Eher scheue Waldbewohner sind die letzten europäischen Wölfe mit graubraunem Fell, einem Schäferhund gleichend, nur mit kleineren Ohren und einem schlankeren, stromlinienförmigeren Körper.

Die Wölfe der warmen und heißen Regionen, wie dem Vorderen Orient, sind kleiner und wiegen nur etwa 15 Kg. Sie sind braun oder grau.

Für die Größenunterschiede bei den nördlichen und südlichen Wölfen gibt es einen wichtigen Grund. Im Norden herrscht kälteres Klima. Die Speicherung von Wärme und der Schutz vor dem Abkühlen sind überlebenswichtig. Ein großvolumiger Körper mit einer relativ kleineren Oberfläche kann die Wärme länger speichern. Nördliche Wölfe erfüllen diese Wärmespeichervoraussetzungen mit ihrem größerem Körper eher, als südliche Wölfe.

Der Wolf kennt die Welt, denn er wandert gerne und trifft, heute eher spärlich, immer wieder auf Artgenossen, auch solche, die ihm nicht so ähnlich sehen. Neue Familien werden gegründet, neue Varianten entstehen. Manche dieser Varianten oder Rassen sind nur von Experten zu unterscheiden und auch nur dann, wenn das Gebiss genau untersucht und der Schädel vermessen wurde. Andere Rassen kann auch eine Laie erkennen, wie den arktischen oder den orientischen Wolf. Genetische Untersuchungen haben ergeben, dass es heute etwa 12 Wolfsarten oder Rassen gibt, die sich durch Lebensraum, Gebiss, Aussehen, Schädelumfang, Körpergröße und Gewicht unterscheiden, jedoch nicht in ihren Verhaltensmustern und der Naturgeschichte. Lange Zeit sprachen die Zoologen sogar von zwei Arten von Wölfen: den Grauwolf (Canis lupus) und den Rotwolf (Canis lupus niger). Zu den Grauwölfen zählen alle Farb- und Körpervarianten von Wölfen, auch die arktischen und die schwarzen Wölfe. Nur im Südosten der USA ist der Rotwolfbeheimatet. Doch bis heute ist nicht geklärt, ob es sich beim Rotwolf nicht um eine Kreuzung aus Kojote und Wolf handelt, und so gehen wir hier von einer Art beim Wolf, Canis lupus, aus.

Auch Bezeichnungen wie „Mähnenwolf“, „Präriewolf“, „Heulwolf“ oder „Buschwolf“ stiften Verwirrung. Der Mähnenwolf, zum Beispiel, kommt aus Arbentinien, Brasilien, Bolivien und Uruguay vor, sieht wie eine Kreuzung aus Kojote und Rotfuchs aus und ist nur entfernt mit dem Wolf verwandt. Auch der Kojote hat dieses Problem. Er wird als „Prärierwolf“, „Buschwolf“ oder „Heulwolf“ bezeichnet. Irrtümlich werden Buschwolf und Kojote sogar als zwei verschiedene Tiere bezeichnet. Die vom Kojoten erlegten Hühner oder Schafe werden dem Buschwolf zugeschrieben und das Stigma des Killers hängt am Wolf.

Die Geschichte der Wölfe beginnt vor etwa 15 Millionen Jahren, im oberen Miozän. In dieser Zeit entwickelte sich Tomarctus. Es war ein verhältnismäßig kleines Raubtier aus dem durch schrittweise Anpassung Wölfe, Füchse, Schakale, Dingos und eine Zahl anderer Verwandter, wie auch der Haushund, entstanden.

Systematisch werden alle Nachfahren von Tomarctus in der Familie der Hundeartigen, Canidae, zusammengefasst. Sie besteht aus 16 Gattungen mit 36 Arten. Wie keinem anderen Mitglied der Hundefamilie ist es dem Wolf gelungen, die unterschiedlichsten Lebensräume zu besiedeln. Bis zum Beginn der Neuzeit lebte er in ganz Nordamerika, von den arktischen Inseln und Nordgrönland bis weit nach Mexiko hinein. In Eurasien bewohnte er die Regionen von der Polarküste bis in den Süden Indiens, von den Britischen Inseln und der Antlantikküste im Westen, bis zum Pazifikund nach Japan im Osten. Er kam von der baumlosen Tundra im Norden, über die Taiga, den Mischwaldgürtel bis zur Steppe und Wüste vor.

Der Wolf verträgt Meeresklime wie Festlandklima, kommt mit sumpfigen Niederungen ebenso gut zurecht, wie mit dem Hochgebirge. Da er ein Kulturflüchter ist, bevorzugt er menschenleere Regionen. Der Wolf besiedelte einst ein Gebiet von etwa 70 Millionen km², das entspricht beinahe der Hälfte der gesamten Landfläche der Erde. Anpassungsfähigkeit, Klugheit und Vorsicht sind seine Markenzeichen. Sein Untergang begann mit der großflächigen Rodung der Wälder, dem damit verbundenen Rückgang von Beutetieren und schließlich der beispiellosen Verfolgung durch den Menschen, an dessen Weidetieren sich der Wolf vergriff.

Der heutige Haushund ist nachweislich ein domestizierter Wolf. Doch die Haushunde unterscheiden sich so stark von den Wölfen, dass man sie wissenschaftlich unter der Art Haushund (Canis lupus familiaris) einordnet.

Man nimmt an, dass noch vor dem Lamm und dem Rind der Wolf der Erste war, den der Mensch zum Haustier machte. Vor etwa 15 000 Jahren, am Rande des Eises, so vermutet man, gelang es dem Menschen, einer Wölfin ein paar Junge zu stehlen. Der Mensch wusste, dass die Wölfin nur einmal im Jahr in einer Höhle wirft. Man nimmt an, dass die hilflosen Jungen aus der Höhle entwendet wurden, als das Rudel auf Nahrungssuche war. Da es noch keine anderen Haustiere gab, die Milch lieferten, diente wohl die Menschenfrau als Ernäherin.

Man weiß heute aufgrund langer Studien über den Sozialisationsprozess von Welpen, damit ist die Phase gemeint, in der die Welpen erkennen, in welchem Umfeld sie natürlicherweise leben und welche Sozialstruktur ihnen Schutz und Versorgung bietet-, dass ein Entfernen der Welpen von der Wolfsmutter möglichst bald nach der Geburt nötig ist, um einen Wolf an den Menschen zu gewöhnen. Sind Welpen schon einige Wochen alt, so sind sie schon von Mutter und Rudel geprägt und werden sich dem Menschen nie mehr ohne Angst, Scheu und Aggression anschließen können.

Warum aber fiel die Wahl des Menschen auf der Suche nach einem Haustier und Jagdbegleiter auf den Wolf und nicht auf eine andere Hundeart, wie dem Fuchs oder dem Kojoten? Unter den Hundearten ist der Wolf der größte und gehört zu den schnellsten , kräftigsten und geschicklichtesten Jägern. Er riecht auf zwei Kilometer einen Elch und hört auf 10 bis 15 Km den Schlag der Hufe. Der Wolf besitzt die typische Langbeinige Statur eines Läufers. Er ist auch ein Zehengänger, belastet aber in schnellem Lauf auch andere Teile des Fußes. Geschwindigkeiten bis zu 60 bis 70 Kilometern in der Stunde sind bei dieser Anatomie möglich. Nicht6 nur auf ebenem Gelände, sondern auch in felsigen und bewachsenen Terrain oder bei hohem Schnee hat der Wolf durch die Anatomie seiner Beine – nach innen gerichtete Kniegelenke und nach außen gestellte Pfoten – die Möglichkeit, eine schmale Spur zu setzen. Damit ist er auch in unwegsamem Gelände schnell und sicher.

Die interessanteste Eigenschaft des Wolfs wird für den ersten Wolfsbesitzer allerdings darin bestanden haben, dass er sich mit ihm verständigen konnte. Dazu gehört, dass der Wolf, wie auch der Mensch, gesellig ist. Seine Stärke liegt im Familienverband. Wenn man aber miteinander leben will, muss man sich auch verständigen können. Die Kommunikation im Wolfsrudel funktioniert über ein ausdrucksvolles Minenspiel, Körpersignale, Geruchsinformationen und Lautäußerungen. Ein Wolf kann aber auch nur durch Bewegungen der Stirn-, Mund- und Ohrenmuskulatur sowie der Augen ganz genau vermitteln, wie er sich fühlt und was er will, und seine Artgenossen können entsprechend reagieren. Der Mensch hat ein ähnliches Mienenspiel und eine ähnliche Körpersprache. Damit war der Grundstein für ein „Verstehen“ zwischen Mensch und Wolf gelegt. Andere Tiere, wie Vögel oder Meerschweinchen, können zwar auch ihre Gefühle äußern, zum Beispiel durch Schreien, Wegrennen oder Wegfliegen, sie sind aber für den Menschen mangels Mienenspiel nicht so rasch, eindeutig und mit verschiedenen Feinabstufungen zu verstehen.

Nicht nur Minenspiel und die Körpersprache rufen beim Menschen Reaktionen hervor, sondern auch die Laute des Wolfs. Ganz intensiv bringen wir das bedrohliche Knurren oder das hilfesuchende Winseln in zwei verschiedenen Gefühlskategorien unter.

Die Dienstbarmachung eines wilden Tiers zeigte beim Wolf, dank all dieser Grundvoraussetzungen, zum ersten Mal in der Geschichte des Menschen Erfolg und nur wenige Gemeinsamkeiten sind dem Haushund und seinem Stammvater geblieben: Die Länge der Tragzeit, der Haarwechsel im Frühling und die Ausbildung eines Winterfells sowie die Reihenfolge, mit der die ersten Zähne erscheinen.

Die Verbindung mit dem Menschen hatte für den Wolf nicht nur positive Auswirkungen. So verlor der Haushund unter der Obhut des Menschen 30% seines Gehirnvolumens und wurde zum eifrigen, willigen, untertänigen Jagdhund umfunktioniert. Der Mensch hat aus dem intelligenten Wolf einen dummen Hund gemacht.

Wölfe sind klüger als Haushunde. Sie begreifen zum Beispiel sehr schnell, wie man durch das Drehen des Kopfs eine Tür öffnet. Ein Wolf kann das aufgrund eigener Erfahrungen lernen, aber auch, und das ist die den Hund bei weitem übertreffende Intelligenz, nur durch das Beobachten von Menschen. Wölfe haben die Fähigkeiten zum einsichtigen Verhalten, das heißt sie können auch komplizierte Zusammenhänge durchschauen. Hat unser Hundevater einmal entdeckt, wie man aus einem Zwinger entweicht, wird man ihn nie wieder in diesem Zwinger halten können. Geschichten wie diese sind keine Seltenheit: Ein Wolf hatte einen     8 cm breiten Spalt neben einer Falltür an der Decke eines 2,5m hohen Käfiges entdeckt. Über diesen Spalt zwischen Falltür und Käfig verlief das Öffnungsseil für die Zwingertür, die sich am Boden befand. Nachdem das Tier wohl beobachtet hatte, dass sich das Seil an der Zwingerdecke beim Öffnen der Zwingertür am Boden immer bewegte, versuchte es, das Seil mit seinen Zähnen zu erreichen und zu ziehen. Irgendwann gelang das dem eingesperrten Wolf und er öffnete damit die Tür am Boden. Er entdeckte, dass die Zwingertür am Boden einrastete, wenn er kräftig am Seil zog. Nun zog er so lange, bis die Zwingertür offen blieb. Der Wolf begab sich in die Freiheit und ward nimmer gesehen. Zu solch Denk- und Willensleistungen ist unser Freund und Hausgefährte, der Hund, nicht fähig.

Neben der Intelligenz gibt es noch weitere Unterschiede zwischen Wolf und Hund. Besonders auffällig sind die unzähligen Haushundrassen vom Pinscher bis zum Bernadiner. Selbst Hunderassen wie der Schäferhund, die ihren Vorfahren noch ähnlich sehen, haben im Gegensatz zu den Wölfen keine Duftdrüsen an der Schwanzwurzel, die Pfoten sind kleiner, während die Gliedmaßen des Wolfs als etwas zu groß erscheinen. Der Hund hat kleinere Zähne, eine kürzere Schnauze und eine breitere Stirn. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Wolf und Hund liegt in der Auswahl seiner Gefährten: Der Hund bevorzugt den Menschen, der Wolf will unter Wölfen sein. Doch der in einem Wolfsrudel anzutreffende Herarchiegedanke ist dem Hund noch zu Eigen. Der Chef des Haushunds ist sein Besitzer. Der Chef im Rudel ist der kräftigste Wolfsrüde mit den besten Eigenschaften, der Alpha-Rüde.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, das Hunde zweimal im Jahr Junge werfen, der Wolf nur einmal.

Das Alpha-Männchen, der Alpha-Rüde, paart sich mit dem Alpha-Weibchen, einer bevorzugten Dame, deren gemeinsame Welpen dann im Rudel großgezogen werden. Die anderen Mitglieder des Rudels paaren sich in der Regel nicht und bekommen auch keinen Nachwuchs. Bereits im ersten Lebensjahr erreichen Wölfe ihre endgültige Körpergröße. Viele sind im Herbst des ersten Jahres so schwer wie ein ausgewachsenes Tier. Das schnelle Wachstum und das damit verbundene rasche Erlernen des gesamten Verhaltensrepertoires hat seinen Sinn. Der nahende Winter verlangt Kraft und Ausdauer von den Nachkommen. Vor allem die Wölfe des Nordens müssen dem Schnee und Eis entfliehen und lange Wanderungen auf sich nehmen. Wäre die Jungen noch zu klein, würden sie die langen Wanderungen in gemäßigtere Regionen kaum durchhalten. In manchen Gebieten Nordkanadas und Alaskas müssen die Wölfe den wandernden Karibuherden folgen, die ihre Hauptnahrungsquellen sind. 450 km und mehr werden von den Rudeln zurückgelegt. Wölfe wandern nur nachts und können dann auf der Suche nach Nahrung 20 bis 50 km in lockerem Trab zurücklegen.

Wölfe sind Rudeltiere. Das Rudel bietet Versorgung, Sicherheit und den lebenswichtigen sozialen Kontakt. Jeder einzelne Wolf nimmt in diesem Rudel eine andere Position und Rangstellung ein, die von der Persönlichkeit abhängig ist. Diese Persönlichkeit des einzelnen Tiers ist einerseits festgelegt, andererseits wird sie durch die Rangstellung im Rudel ständig geformt. Menschen, die Wölfe großgezogen haben, können diese Dynamik in einem Wolfsrudel bestätigen. Es gibt schüchterne Wölfe, hinterhältige, extrovertierte, undurchschaubare. Entsprechend ihres Charakters und ihrer Abstammung fügen sich die Jungen Wölfe im Lauf ihrer Entwicklung in die Struktur des Rudels ein und können auch hier ihre Rangstellung immer wieder verändern. Wie beim Menschen, so zeichnet sich auch beim Wolf eine individuelle Dynamik bei der Einordnung in eine Gruppe ab.

Im Rudel, dem Jagd- und Familienverband beim Wolf, steht an erster Stelle der Leitwolf, der Alpha-Rüde. Er hat sich diesen Rang erkämpft. Er ist der wesentliche Entscheidungsträger im Rudel, der erfahrene Anleiter, der Aufpasser und Beschützer, der freundlich-tolerante Mittelpunkt des Rudels. Zu ihm gehört das Alpha-Weibchen, Alpha-Fähe, das ranghöchste Weibchen im Rudel. Nur es kommt normalerweise Junge und versucht zu verhindern, dass andere Weibchen im Rudel ebenso werfen. Die Aufgabe des Alpha-Weibchens ist es, die Nahrungsbeschaffung für die rasch wachsenden Welpen zu organisieren. Jedes zusätzliche Jungtier einer anderen Mutter würde die Überlebenschance der eigenen Nachkommen verringern. Mit Aggressivität und Durchsetzungsvermögen muss es dem Alpha-Weibchen gelingen, nur sich selbst fortzupflanzen.

Den beiden Alpha-Tieren folgen in einer abgestuften Rangordnung die anderen Wölfe des Rudels. Das Rudel ist meist für das gesamte Wolfsleben, und das beträgt bei einem Wolf in freier Wildbahn etwa sieben Jahre, die bevorzugte Lebensform. Ausnahmen sind die Rüden, die etwa im Alter von zwei Jahren das Rudel verlassen, und auf der Suche nach einem Lebenspartner zur Familien- und Rudelgründung erst einmal als Einzelgänger umherstreifen. Alte und schwache Rüden, die aufgrund der Abnutzung der Zähne und des Befalls mit Schmarotzern große Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme haben, werden manchmal von ihrem Rudel ausgestoßen. Sie sind als Einzelgänger zum Tod verurteilt.

Der Jagderfolg ist im Rudel größer und die Chance, satt zu werden ebenso, denn ein ausgewachsener Wolf braucht zwei bis drei Kilogramm Fleisch am Tag; dies entspricht einem mittleren Hirsch oder fünf Rehen im Monat. Unentbehrlich ist der Wolf als „Gesundheitspolizei“ der Natur. Alte und kranke Tiere sind seine Hauptnahrung. Nur wenn ihm leichte Beute, zum Beispiel durch eingesperrte Nutztiere möglich ist, nimmt er diese Chance wahr, zum großen Verdruss der Bauern. Wölfe schlagen nur so viel Beute, wie sie zum Überleben und zur Aufzucht der Welpen benötigen. Sie sind keine Killer, die alles im Blutrausch töten, was sich bewegt. Ist das Nahrungsangebot nicht so groß, schlagen Wölfe auch Kleintiere, oder sie begnügen sich mit Pflanzen und Früchten.

Mensch und Wolf hatten ursprünglich einen ähnlichen sozialen Verband. Sicher schaute der Mensch vom Wolf ab, wie man den konzentrischen Flug des Kolkraben deutete. Wo er seine Kreise zog, verweste mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Tierkadaver, oder Wölfe hatten ihn sogar erst vor kurzem geschlagen und der Mensch konnte sich mit dem Faustkeil am Mahl beteiligen. Vom Wolf hat der Mensch gelernt, dass Hirsche und Rehe scharfe Hufen haben und dass der Stoß eines mächtigen Geweihs tödlich sein kann. Er sah die Gefahren von Ferne, ebenso wie die vielen erfolglosen Jagdversuche, und zog seine Lehren daraus. Der Mensch machte sich mit dem Wolf untertan, veränderte und verbesserte seine Jagdmethoden, der Wolf nicht. Die Erfolgsquote vom Wolf liegt bei 4,6%. Der Mensch übertraf ihn rasch in der Jagdmethode, aber auch in Sinn und Zweck der Jagd. Seit Generationen müssen wir nicht mehr jagen, um zu überleben. Die Trophäenjagd, die sinnlose Befreiung eines alten Triebs, ist heute in den meisten Kulturen das Jagdziel.

Die Konkurrenz mit dem ehemaligen „Lehrmeister“ begann, als der Mensch sein Revier nicht mehr mit Duftnoten wie der Wolf markierte, sondern mit Zäunen, um darin Gräser anzubauen, Tiere zu halten, und immer mehr Kinder großzuziehen. Weil aber der Wolf immer nur das tat, was er schon immer getan hatte, nämlich jagen, auch die mühsam aufgezogenen Schafe, begann der Mensch,  ihn zu hassen und zu verfolgen.

Trotz der engen Bindung des Menschen zum Hund, löst dessen wilder Vorfahre beim Menschen Angst, gleichzeitig aber auch nachhaltige Faszinationen aus. Für viele Naturvölker blieb der Wolf der Inbegriff des Guten, ein Teil der Natur, ein Bruder, ihr Urvater. Für die Bauern des Mittelalters wurde er zum Geschöpf böser Dämonen oder des Teufels, zum blutrünstigen Killer und schließlich zum Mittelpunkt vieler Sagen und Mythen, die bis heute lebendig sind.

Psychologen sprechen davon, dass der Mensch den Wolf nicht nur als Nahrungskonkurrenten jagte, sondern auch als Symbol für seine eigenen, negativen Wünsche und Gefühle. Der Mensch hat für seine eigenen Fehler und Schwächen, für seine eigenen Taten immer nach einem Sündenbock gesucht. Was die Punkte Blutrünstigkeit und Hinterhältigkeit betrifft, wurde hier der Wolf zum Projektionsobjekt auserwählt. Jahrtausende bestanden diese Projektionen gepaart mit der Wut, ständig Weidevieh an ihn zu verlieren, bis der Wolf in den meisten Regionen der Erde ausgerottet war. Das Kopfgeld hatte seine Wirkung getan.

Heute will man den Wolf wieder eine Chance geben, doch die uralten und tief in uns verwurzelten Projektionen, die oft nicht einmal bewusst sind, verhindern eine objektive Beurteilung des Lebewesens Wolf, seines Nutzens und seiner Überlebensproblematik. Die unerklärlichen Hass- und Angstgefühle des Menschen diesem Tier gegenüber, lassen sich nur schwer ändern und eine neue Gefühlsrichtung umpolen.

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