Facharbeit - 4. Der Geist der Wölfe

4.             Der Geist der Wölfe

 

Wölfe haben den Menschen schon immer fasziniert, aber auch tiefe Urängste ausgelöst. Die Beziehung zwischen Wolf und Mensch, die in vielen Mythen, Legenden, Fabeln und Erzählungen geschildert wird, ist zugleich uralt und höchst komplex. Ob Furchteinflößende Märchen wie Rotkäppchen oder Gruselgeschichten von Menschen, die sich bei Vollmond in Werwölfe verwandeln, die Tiere gelten traditionell als gewitzte Räuber, zugleich aber als übernatürliche Ungeheuer.

Wie aber sieht die sanftere Seite ihrer Natur aus? In vielen Kulturen erzählt man von Wölfen, die verlorene Waisenkinder großzogen. Diese alten Mythen legen, ebenso wie neuere Erzählungen nach art von Kiplings Dschungelbuch, nahe, dass Wölfe ausgeprägte „erzieherische Fähigkeiten“ besitzen. Dieser Ansicht sind heute auch viele Verhaltensforscher; sie gehen sogar davon aus, dass neben dem Menschen nur einige Primatenarten ihren Nachwuchs so sorgfältig auf- und erziehen.

Zu den ältesten Legenden, die von einem solchen Verhältnis zwischen Wolf und Mensch berichten, gehört die Sage von Romulus und Remus aus römischer Zeit. Angeblich warf König Amulius die beiden Söhne seiner Nichte, der Vestalischen Jungfrau Rhea Silvia, und des Gottes Mars in einem Körbchen in den Tiber, da er um seinen Thron fürchtete. Die Zwillinge wurden ans Ufer getrieben, wo eine Wölfin ihre Schreie hörte und sie säugte. Später zog ein Hirte des Königs sie groß, und schließlich gründeten die jungen Männer die Stadt Rom.

Die Mythologie erzählt von vielen Wölfen, die verwaiste oder verirrte Kinder aufzogen. Diese Geschichten sind Ausdruck einer positiven Haltung den Tieren gegenüber. Leider rücken andere Erzählungen den Wolf in ein schlechtes Licht. Sie sind für das angstbesetzte Bild verantwortlich, das in Europa vorherrschte und den Wolf im Laufe der Jahrhunderte fast bis an den Rand der Ausrottung brachte.

So berichtet die Legende zum Beispiel von Gévaudan, einer riesigen Bestie, die Mitte des 18. Jahrhunderts in der französischen Auvergne angeblich innerhalb von drei Jahren mehr als 100 Menschen tötete. Sie soll so schrecklich gewesen sein, dass König Ludwig XV. Soldaten ausschickte, um sie zu erledigen. Tatsächlich machte man einen großen Wolf nieder, doch die Angriffe gingen weiter, bis zwei weitere Wölfe gefunden waren. Auch sie hielt man für das Ungeheuer.

Heute nähren Horrorfilme das Bild des Wolfes als Verkörperung des Bösen. Sie setzen wolfsähnliche Kreaturen in Szene, die sich bei Vollmond verwandeln und nach menschlichem Blut dürsten. Der traditionelle Ruf des Wolfes als gefährlicher Killer wird also nach wie vor untermauert. Eine neue Studie, die Kinder nach ihrer Meinung zu Wölfen befragte, kam aber zu dem überraschenden Ergebnis, dass sie sich stärker vor dem Heulen als vor den Tieren selbst fürchten. Offenbar sind ihnen diese durch moderne Dokumentarfilme und Naturbücher inzwischen vertrauter geworden.

Tatsächlich gibt es kaum handfeste Belege für Angriffe frei lebender Wölfe auf Menschen. Wenn die Tiere sich Menschen gegenüber aggressiv verhalten, leiden sie in der Regel unter Krankheiten wie der Tollwut. Und Wölfe in Gefangenschaft attackieren ihre Halter vor allem dann, wenn sie schlecht behandelt werden.

Indianische Legenden erzählen von einem heiligen Bündnis zwischen Wölfen und Menschen, in dem jeder versprach, des anderen Familie und Land zu respektieren. Die Wölfe haben ihre Vereinbarung bis heute im Wesentlichen eingehalten, während der Mensch die Tiere vielerorts systematisch vernichtet hat.

Dank der  unermüdlichen Arbeit von Tierschützern und Verhaltensforschern weiß man heute mehr über das Wesen des Wolfes und seine wichtige Rolle innerhalb der Natur. Da immer mehr Wildnisgebiete durch Erschließungsmaßnahmen zerstört werden, verlieren die Tiere ihren natürlichen Lebensraum. In Regionen, in denen sie stark bedroht waren, konnten die Wölfe nur durch die Einrichtung von Schutzgebieten überleben.

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